11.6.06

[medien] 3sat.hitec: Blumenthals Zubereitungsmethode für wirklich experimenteller Pommes Frittes

In der Infobox zu einer Hitec Sendung von 3Sat aus dem August 2005 fand ich die Methode von Blumenthal zu Herstellung seiner "Pommes".
Blumenthals Zubereitungsmethode für wirklich experimentelle Pommes Frittes:
Die bereits einmal frittierten und gekochten Kartoffelscheiben kommen für einige Minuten in einen Vakuumbehälter. Durch den starken Unterdruck sinkt der Dampfpunkt des Wasser, den heißen Kartoffelstücken wird dadurch besonders viel Flüssigkeit entzogen. Danach wird zwei weitere Male frittiert. Einmal bei 140 Grad und dann noch einmal kurz bei 180 Grad. Das Ergebnis: die wahrscheinlich besten Fritten der Welt

Für ein Foto dazu schaut mal hier [madridfusion.net] unter "2004" / Chefs / Blumenthal: 8 Fritten mit 'nem Spritzer Ketchup. Mit 3 mal frittieren und einmal trockenen, müssen die ja teuer werden. Und für die Großküche ist diese Vorgehensweise wohl auch nichts.
Da werde ich mir wohl zum Geburtstag eine Vakuumpumpe wünschen müssen.

9.6.06

[wissen] Sous-vide: Teil1 - eine kurze Einführung

Eigentlich wollte ich ja mit allgemeinen Postings zum Niedertemperaturgaren beginnen. Aber nachdem ich jetzt seit ein paar Wochen mein Fleisch nur noch mittel "sous-vide" gare, habe ich beschlossen, nur diese Sonderform der Niedertemperaturmethode im Detail zu beschreiben und mich ansonsten auf eine kurze Einleitung zu beschränken.
Wer das erste Mal sein Fleisch so zubereitet auf seinem Teller vorfindet und probiert, wird überrascht sein. Mir ging es ähnlich wie in diesem Artikel beschrieben:
Als ich schließlich das Lamm vor mir hatte, wusste ich, dass das alles nicht normal sein konnte. Das Fleisch war enorm gleichmäßig gekocht und schmeckte gleichzeitig fantastisch intensiv.
[Technology Review, 03.11.05, heise.de]
Niedertemperaturmethode oder das Niedergaren, wie die Schweizer sagen, bedeutet im Grunde nur, dass das Fleisch bei niedriger Temperatur (oft 80°C) im Ofen gegart wird bis es eine bestimmte Kerntemperatur erreicht hat (bei Rind z.B. 55°C) und wahlweise vorher oder nachher in Öl oder geklärter Butter von allen Seiten scharf angebraten wird. Ich schreibe extra vorher oder nachher, da meist vorher angebraten wird, ich es allerdings günstiger finde, das Fleisch nachher mit einer leckeren Kruste zu versehen. Alternativ kann man natürlich auch einen Bunsenbrenner verwenden. Hauptsache es kommt zur Maillard-Reaktion [wikipedia.de] und man erhält einen guten Bratengeschmack.
Die Niedertemperaturmethode (im folgenden nur noch NTM genannt) hat viele Vorteile und paar kleine Nachteile.

Vorteile:
  • Jeder kann es.
  • Das Fleisch schmeckt wunderbar zart.
  • Es trocknet nicht aus, im Gegenteil es bleibt saftig, da kaum Bratensaft austritt.
  • Falls die Gäste zu spät sind, läßt sich das Fleisch problemlos warmhalten.
Nachteile:
  • An der Fleischoberfläche bildet sich aufgrund der niedrigen Temperatur keine Kruste, die für den Geschmack sehr wichtig ist. Dies kann man aber wieder wettmachen.
  • Es dauert. Je nach Größe des gewählten Stück Fleisches können das schon mal ein paar Stunden sein. Also bitte nicht unterschätzen! Das ist fast das Einzige, was man bei dieser Zubereitungsart falsch machen kann.
  • Man braucht ein Innenthermometer und einen möglichst guten Ofen mit konstanter Temperatur.
Zur NTM gibt es eine ganze Reihe von Büchern, deshalb hier keine weitere Anleitung. Anleitungen zu sous-vide folgen später. Zur weiteren Vertiefung und für Rezepte kann ich empfehlen:
  • Fleisch sanft garen bei Niedertemperatur von Annemarie Wildeisen [amazon.de]
  • Zart und saftig bei 80 Grad. Niedrigtemperaturgaren von Margit Proebst [amazon.de]. Einige ihrer Rezepte findet Ihr auch im Internet: 80°C Weihnachtsganz [margit-proebst.de], 80°C-Lammkeule mit Pesto-Füllung [margit-proebst.de]
  • Niedergaren leicht gemacht; Betty Bossi [bettybossi.ch] Gute Zusammenstellung!
Was ist nun das Besondere bei sous-vide? Bei dieser NTM arbeitet man meist mit noch niedrigeren Temperaturen, oft 60°C oder darunter. Daraus resultiert natürlich auch eine noch längere Garzeit. Zum Ausgleich kann man sich das Innenthermometer sparen. Der große Unterschied ist allerdings, daß das Fleisch (Gemüse geht auch) vakuumverpackt ist. Dadurch findet kein Flüssigkeitsaustausch mit der Umgebung statt. Die geringe Menge austretenden Bratensafts kann vom Fleisch leicht wieder aufgenommen werden.
Es ist ein sehr technischer Vorgang - die neue Küche borgt sich Methoden aus der industriellen Nahrungsverarbeitung und wendet sie auf die Haute Cuisine an. "Sous Vide" (Französisch für "unter einem Vakuum") ist dabei die bekannteste und sicher auch erstaunlichste Innovation. Dabei werden die Zutaten in kleine Plastikbehälter gegeben und schließlich vakuumverpackt (das nennt man auch "Cryovacking"). Anschließend wird der Behälter in warmem Wasser sehr lange bei niedriger Temperatur gekocht.[...] Hohe Temperaturen, sagte er, beschädigen Nahrungsmittel. Die Zellwände von Fleisch, Fisch und Gemüse platzen auf und das so verdorbene Essen kann die Flüssigkeit, die es beim Kochen ausschwitzt, nicht wieder aufnehmen. Im Gegensatz dazu wird das Kochgut dank der niedrigen Temperatur beim "Sous Vide"-Verfahren geradezu verwöhnt: Flüssigkeit tritt kaum aus. Wenn das doch passiert, hilft die Vakuumverpackung dabei, dass das Kochgut die Flüssigkeit schnell wieder absorbieren kann.
[Technology Review, 03.11.05, heise.de]
Im nächsten Beitrag zu [sous-vide] werde ich versuchen, die Prozesse zu veranschaulichen, die das Fleisch beim Niedertemperaturgaren durchmacht.

[medien] MSNBC: Pasta aus Shrimps

[msnbc.msn.com]
Was würdet Ihr zu Nudeln sagen, die komplett aus Shrimps gemacht sind? Falls Euch ein solcher kulinarischer Leckerbissen interessiert, schaut Euch diesen Artikel bei MSNBC an [msnbc.com].
Wie bekommt man so etwas hin? Dazu gab es eine schöne Diskussion im eGullet Forum [egullet.org], durchaus lesenswert.
Es geht nicht ohne molekulargastronomische Techniken, die diesmal der Molekularbiologie entnommen sind.

Actually, the substance in question is called transglutaminase. It was derived from a microbe known as Streptoverticillium mobaraense, developed commercially and marketed as Activa by Ajinomoto Company Inc., the Japanese food-ingredient giant that also commercialized MSG after its food-enhancing properties were discovered in 1908. (Ajinomoto is the Japanese name for MSG.)
[msnbc.com by Jon Bonné, 11.2.2005,
msnbc.com]
Transglutaminase, ein Enzym, das Proteine miteinander verbindet indem es die Aminosäuren Glutamine und Lysine miteinander verknüpft. Eigentlich wird dieses, für Lebensmittel zugelassene Enzym in der Lebensmittelindustrie dazu genutzt, kleinere Fleischstück für Produkte zu verwerten, indem sie mittels Enzym einfach "zusammengeklebt" werden. Das ist dann Formfleisch, die edelere Variante des Pressfleischs. Enzyme zur Veränderung der Fleischtextur, das ist eine Ebene der Molekulargastronomie, an die ich bisher noch nicht gedacht habe. Und neu ist das Verfahren auch nicht. In Wikipedia gibt es weitere Informationen [wikipedia, de, en].

Durch Transglutaminase wird die Ausbildung einer Isopeptidbindung zwischen der Epsilon-Aminogruppe der Aminosäure Lysin und der Gamma-Glutamylgruppe der Aminosäure Glutamin katalysiert, dabei wird Ammoniak frei. Die ausgebildete Isopeptidbindung ist aus biochemischer Sicht sehr stabil, da sie nicht enzymatisch durch Proteasen gespalten werden kann. [wikipedia.de]
Ob man irgendwie an das Enzym für zuhause rankommt?

6.6.06

[rezepte] FACTS: Tipps und Tricks (Schoki, Fenchel, Bitterkeit)

Im vorherigen Post [gourmetrics.de] ging es schon um Schäume also Fett/Wasser-Emulsionen, die in der Lage sind, Luftbläschen einzuschließen. Nachdem ich noch diesen weiteren Beitrag bei FACTS online [facts.ch] gefunden habe, ließ es mir keine Ruhe es einmal selbst auszuprobieren.
Neben Tipps zum speziellen Garen von Fenchel zum Erhalt des Anisgeschmacks und zur Reduktion von Bitterkeit in Saucen mittels kleiner Dosen von Salz, gab es diesmal eine relativ genaue Anleitung für den Schokischaum:
Nicht nur Rahm lässt sich schlagen
Schlagrahm besteht aus Luftbläschen, die vom Fett des Rahms umschlossen sind und zusammengehalten werden. Auch Schokolade, Butter oder Roquefort haben genug Fett, um eingeschlagene Luftbläschen festzuhalten. Beispiel: 225 Gramm schwarze Schokolade in 2 Deziliter Flüssigkeit (Wasser, Whiskey, Orangensaft) schmelzen, auf Eis abkühlen lassen. Dann heftig schlagen, bis die Masse steif ist.
Kurzfristig wurde somit der Schokischaum zum Desert des Abendgerichts "Entenbrust (sous-vide vorgegart) mit Kirschsauce und Tagiatelle (Rezept abgewandelt von: siehe "The Best of Taste", S.193 [amazon.com]).
Ich tat also wie beschrieben: ca. 200g Edelbitter-Schokolade in einem Topf mit 2 Dezilitern Wasser+Schuß Bourbon erhitzen und schmelzen. Das Ganze im Eisbad abkühlen und dann mit einem Zauberstab schaumig schlagen.
In meinem ersten Versuch tat sich allerdings nichts in Richtung "schaumig", eher bröselig. Das kommt davon, wenn die Mengenangaben nicht in SI-Einheiten angegeben sind. 2 Deziliter sind halt doch 200ml und nicht 20ml. Der erneute Versuch erbrachte dann einen schönen, aber sehr mächtigen Schaum (siehe Foto rechts; ja.. ich weiß wonach das noch aussieht!). Wegen der fehlenden Sahne mangelt es dem Schaum allerdings an den gewissen Extra eines Mousses. Eine Idee für das nächste mal wäre, die Sahne separat steif zu schlagen und dann unter den Schokoschaum zu heben. Hmmmm..
Zu diesem Thema gibt es auch eine schöne Diskussion und Erklärungen beim Foodblog "in praise of sardines" [typepad.com] unter dem Titel: "Whipping chocolate through Molecular Gastronomy" [typepad.com]. Lesenswert.

5.6.06

[rezepte] FACTS: Rezepte von Hervé This

FACTS veröffentliche im Juli 2004 ein paar sehr interessante Rezepte [facts.ch, Druckversion] des französischen Chemikers und molekularen Gastronomen Hervé This. Zusammen bilden sie ein ganzes Menu. Dabei wird in jedes Rezept eine kulinarische Entdeckung von This eingebaut.
1. Gebratener Rötling (Rouget) an einer Krustentier-Mayonnaise
Dieser Vorschlag nutzt die Tatsache, dass Mayonnaise mit viel weniger Ei hergestellt werden kann, als die meisten Köche annehmen. Pro Liter Öl reicht ein Tropfen Eigelb, ein Eigelb reicht für 24 Liter Öl.
Weniger Eigeschmack in der Mayonsaise, dafür mehr Languste...
2. Rindsfilet an Sauce béarnaise mit Frites
Die üblichen Rezepte für Sauce béarnaise, dem Herzstück dieses Gangs, schreiben vor, ein halbes Glas Weisswein und ein Drittel Glas Weinessig mit einer fein gehackten Schallotte , etwas Estragon, Kerbel, Lorbeer, Pfeffer und Salz in einem Topf bis auf fünf Teelöffel Flüssigkeit zu reduzieren. Das ist ungeschickt, denn dabei entfliehen die Aromastoffe des Weins – zurück bleibt fast nur Karamel, das durch den erhitzten Traubenzucker entstanden ist. Das Karamel kann man direkt aus Zucker herstellen und den Wein später zugeben, um die Aromastoffe in der Sauce zu halten.
Manchmal muss man den Sinn alter, überbrachter Rezepte einfach mal hinterfragen.
3. Geschlagener Roquefort auf Birnen und Kartoffeln
Schlagrahm besteht aus Luftbläschen, die vom Fett des Rahms umschlossen sind und zu-sammengehalten werden. Auch Schokolade, Butter oder Roquefort haben genug Fett, um ein-geschlagene Luftbläschen festzuhalten.
Vor allem der Effekt bei Schokolade scheint mit das Ausprobieren wert. Ich werde davon berichten.
4. Käse-Soufflé
This’ Forschung hilft auch, höhere Soufflés herzustellen. Bisher dachte man, Soufflés gehen auf, weil sich die Luftblasen aus dem geschlagenen Eiweiss in der Hitze des Ofens ausdehnen. Eine einfache physikalische Rechnung zeigt aber, dass ein Soufflé dadurch maximal 27 Prozent Volumen zulegen kann. Spitzenköche erreichen aber das zehnfache. Folglich muss ein anderer Mechanismus vorliegen.[...]
Es ist das Wasser. Auch dieses Gericht verlangt nach einer eigenen Studie.
Zu allen Gerichten gibt es danach das komplette Rezept und Zubereitungsanleitung. Viel Spass beim Nachkochen und Essen.

3.6.06

[medien] ARTE:Kohlkaviar als Chemieaufgabe

ARTE | Archimedes
ARTE berichtete in der Sendung Archimedes [arte-tv.com] vom 16. März 1999 (also schon sehr lange her!) von einem Studentenexperimentierwettbewerb. Die Hauptaufgabe, die beschrieben wird ist die Produktion von "Chamäleonkugeln". Nach Ferran Adriá würden sie "Kohlkaviar" heißen. In diesem Fall handelt es sich allerdings um die Hardcore-Variante. Hier geht es nicht nur um die Produktion von Rotkohlalginatkugeln in Calciumchloridlösung. Zudem werden die Kugeln im darauffolgendem chemischen Schritt zunächst rot und dann grün umgefärbt. Das soll Ferran doch erst mal nachmachen. Hier ein paar Details des Rezeptes:
[...]Im Mittelpunkt des Experiments: Rotkohl. Aus 50 Gramm Kohl muß Marc kleine Kugeln herstellen. In einer zweiten Phase muß er deren Farbe verändern. [...]Die Kohlblätter müssen zuerst 10 Minuten in 200 Milliliter Wasser kochen.
Anschließend muß Marc das Ganze durchsieben, die Flüssigkeit auffangen und mit 20 Milliliter eines zweiprozentigen Natriumalginats mischen. [...] Zuerst 20 Milliliter einer zweiprozentigen Natriumalginatlösung. [...] Er löst nun die 0,4 Gramm Natriumalginat in 20 Milliliter destilliertem Wasser auf. Er muß einen magnetischen Rührstab benutzen, der sich auf dem Boden des Bechers dreht und die Mischung durchrührt. [...] eine CaCl2-Lösung... einprozentig. [...] 1 Gramm Calciumchlorid [...] Zugabe von 100 Milliliter destilliertem Wasser muß das Ganze homogenisiert werden. Nachdem der Kohl 10 Minuten gekocht hat, filtert Marc die gewonnene Flüssigkeit. Er mißt 30 Milliliter dieses Extrakts ab und vermischt sie dann mit der Natriumalginatlösung. Er hat die Kochflüssigkeit des Kohls aufgefangen, das Natriumalginat hinzugefügt und wird das Ganze jetzt tropfenweise in die CaCl2-Lösung geben. Marc wird nun die berühmten Kugeln formen... Das Urteil der Jury lautet: Die erste Etappe der Reaktion ist erfolgreich verlaufen.
[...] Er muß zunächst den Inhalt des Bechers filtern, um die Kugeln abzuschöpfen, und dann muß er versuchen, deren Farbe zu verändern, und zwar mit einer Salzsäurelösung und anschließend mit einer Sodalösung das heißt mit einer Base. Marcs Kugeln haben ein Photo verdient. Nur die Farbveränderung ist ihm leider nicht gelungen.
Respekt. Nun haben wir endlich mal konkrete Mengenangaben! Hat Irgendjemand Appetit auf Rotkohlkaviar? Viel Spaß beim Nachmachen.

[medien] WIRED:Molekulares Wissen zum Weichkäse

Eins der größsten Geheimnisse der Welt ist sicherlich, wie macht man guten Streich- und Weichkäse macht. Wo könnte man dieses molekularen Mechnanismen hinter diesen Rätsel besser untersuchen als an der University of Wisconsin, Madison, im Milch- und Käsestaat der USA. Im der Juni Ausgabe von WIRED ist ein schöner Artikel zu diesem Thema [wired.com] unter dem Titel "Schmear Campaign". Verpasst auch nicht die Zusammenfassung bei ZDNET [zdnet.com] oder die hoch anspruchsvolle Diskussion zu diesem Thema bei Slashdot [slashdot.org]. Das Ganze ist kein Witz, hier geht es wirklich um staatlich geförderte Forschung zum molekulargastronomischen Wissen der Weichkäseproduktion!